Was für ein Wochenende für Europa
Ein Kommentar von Annalena Wirth (KV Mannheim).
In vielen deutschen Städten sind am Sonntag Menschen auf die Straße gegangen – nicht, um die Meisterschaft des FC-Bayern zu feiern, sondern aufgrund der Wiederwahl des türkischen Präsidenten Erdogans. Autokorsos bejubeln einen Antidemokraten und Sexisten. Für mich absolut unverständlich.
Gleichzeitig beobachten wir an diesem Wochenende auf der westlichen Seite des Kontinents einen Rechtsruck – das sozialdemokratisch geführte Spanien, das mit seinen Gesetzesänderungen zu sexuellem Konsens, Mietendeckelungen und Menstruationsurlaub für die deutsche Sozialdemokratie als progressiver Vorreiter galt, hat bei den Regional- und Kommunalwahlen einen großen Zuwachs an konservativen und Rechten Wählern verzeichnet.
Schon jetzt arbeiten die spanischen Konservativen mit der rechtsextremen VOX zusammen. Bei den nun vorgezogenen Wahlen ist fraglich, ob Sanchez und die Sozialisten ihre Regierung halten können – oder ob wir wie in Italien und Schweden bald einen Rechtsruck erleben.
Ausschreitungen im Kosovo, erneute Angriffe auf Kiew, Streit um die Spitze der österreichischen Sozialdemokrat:innen – wie kann man trotz dieser ganzen Nachrichten optimistisch auf die Zukunft Europas blicken?
Mit 48% hat türkische Opposition ihr bestes Ergebnis seit 14 Jahren erzielen können – es ist spürbar: die Türk:innen kämpfen für ihre Demokratie, für ihre Freiheit. Kılıçdaroğlu konnte die ganze Opposition für sich und gegen Erdogan vereinen – eine starke Kraft, die Hoffnung für die Wahlen in 5 Jahren gibt.
Trotzdem kommen auf die türkischen Oppositionellen, auf Frauen, auf queere Menschen und alle Demokrat:innen durch Erdogans Wiederwahl eine harte Zeit zu – von einer sozialdemokratischen Bundesregierung wünsche ich mir dabei klare Kante zu Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. Kein Wegducken.