Davis Riedel goes for European Union
Ein Interview von unserem Chefredakteur Marius Kipfmüller (KV Lörrach).
Davis ist 22 Jahre alt, studiert Informatik am Karlsruher Institut für Technologie, Vorsitzender der SPD Mühlacker und Beisitzer des SPD-Kreisverbandes Enzkreis/Pforzheim. Bei den Jusos Pforzheim/Enzkreis ist Davis Landesausschussdelegierter. Vor einigen Wochen begann Davis seine Kandidatur für die Europawahl anzukündigen. Nun möchten wir mehr von Davis und seinen Beweggründen erfahren.
KONTRA: Warum kandidierst du für Europa?
Davis Riedel: Europa ist längst kein reiner Wirtschaftszusammenschluss mehr. Viel mehr sind es die europäischen Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit, die uns verbinden. Diese Werte müssen wir stets auf der internationalen Bühne, aber auch gegenüber den erstarkenden rechten Kräften in den nationalen Parlamenten und im Europäischen Parlament selbst verteidigen. Das können und müssen wir alle tun!
Aus dieser Überzeugung heraus möchte ich meinen Beitrag dazu leisten, und für Europa im Enzkreis und Pforzheim einstehen. Aber auch umgekehrt für meine Region in der EU. Darin liegt meine Kandidatur begründet.
KONTRA: Was bedeutet die Europäische Union für dich?
Davis Riedel: Europa ist für mich Frieden, Bewegungsfreiheit, Solidarität und enge Kooperation. Es ist die Zusammenarbeit die uns die nötige Schlagkraft auf der globalen Bühne bietet: Sei es wenn es um den Kampf für Menschenrechte, das Klima oder einheitliche Standards bei KI und den Schutz unserer Daten geht. Nur zusammen sind wir stark!
Europa ermöglicht uns über Kulturen und Landesgrenzen hinweg zusammenzukommen. Ich habe zwei Jahre lang das EPICUR Projekt am KIT aus studentischer Sicht betreut. EPICUR ist eines von vielen Pilotprojekten, die einen europäischen Campus schaffen möchten. Das heißt z.B. in Karlsruhe anfangen zu studieren, in Thessaloniki weiter machen und in Amsterdam abschließen. Ich glaube wir brauchen viel mehr solcher Projekte, die junge Menschen in Europa zusammenbringen und auch Europa als Wissenschaftsstandort stark machen. Solch eine enge Kooperation wäre ohne die EU kaum denkbar.
KONTRA: Wie positionierst du dich zu einem Europäischen Staat?
Davis Riedel: Ich bin ein großer Verfechter der Vereinigten Staaten von Europa. Denn wie bereits aus meinen vorherigen Antworten hervorgeht, bin ich der Überzeugung, dass man gemeinsam stärker ist! Die Idee eines europäischen Staats wird seit vielen Jahren diskutiert – die Umsetzung wäre ein komplexes und sehr schwieriges Unterfangen, aber sicherlich lohnenswert. Denn die Vereinigten Staaten von Europa würden ein stärkeres und geeinteres Europa schaffen, mit einer gemeinsamen Außenpolitik, Verteidigungsstrategie und Wirtschaftspolitik, sowie einem gemeinsamen Sozialsystem, das gleiche Chancen für alle bietet. Letzteres ist in meinen Augen auch der erste Schritt hin zu einem europäischen Staat: Wir müssen die EU zu einer Sozialunion transformieren, die einen gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und Beschäftigungschancen bietet. Wir müssen Armut und Einkommensungleichheit in Europa den Kampf ansagen!
KONTRA: Siehst du die zunehmende künstliche Intelligenz als Chance oder Gefahr?
Davis Riedel: Als Informatikstudent sehe ich im technologischen Fortschritt allgemein, und auch in KI im Speziellen, natürlich in erster Linie eine große Chance für unsere Gesellschaft. Aber neue disruptive Technologien bergen natürlich auch immer Gefahren, insbesondere, wenn sie nicht hinreichend reguliert sind. Für mich ist klar: Für KI braucht es klare und international einheitliche Regeln. Diese müssen unseren hohen europäischen Standards genügen – wir dürfen sie uns nicht von den großen Tech-Konzernen im Silicon Valley diktieren lassen. Die Schaffung solcher Standards ist natürlich nicht nur mit technischen Fragen verbunden, sondern auch einer Fülle ethischer Fragen. Mit der zunehmenden Abgabe von Arbeiten an KI und Roboter stellt sich gesellschaftlich vor allem die Frage nach der Zukunft der Arbeit – eine Kernfrage der Sozialdemokratie, für die wir klare Antworten entwickeln müssen.
Mein Fazit ist: Sich technologischem Fortschritt zu sperren kann keine Lösung für die Zukunft sein – hätten vorige Generationen das getan, würden wir heute wohl noch mit der Kutsche fahren. Wir müssen den technologischen Wandel mitgehen, sonst werden wir abgehängt! Wir dürfen ihn aber nicht einfach über uns ergehen lassen, sondern müssen ihn aktiv gestalten!
KONTRA: Was möchtest du in Europa verändern? Was sind deine Ziele?
Davis Riedel: In meinem Wahlkampf stelle ich drei Themen insbesondere in den Vordergrund, die mich bewegen. Das ist zum einen der Themenkomplex der Digitalpolitik. Neben der Regulierung von KI geht es hierbei aber auch um Dinge wie die Netzneutralität, den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet bei gleichzeitiger Wahrung von Privatsphäre, um den Schutz unserer Daten und um den Kampf gegen Hass und Hetze im Internet. Mir ist wichtig klarzumachen: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum!
Mein zweites Thema ist der Klimaschutz. Der Klimawandel ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit – ihn endlich in den Griff zu bekommen ist unsere Verantwortung zukünftigen Generationen gegenüber. Die EU hat mit ihrem Fit-for-55-Paket bereits wichtige Beschlüsse gefasst, wie etwa das Verbrenner-Aus 2035, und das Ziel bis 2050 klimaneutral zu wirtschaften. Gleichzeitig erschüttern mich Beschlüsse, wie die EU-Taxonomie mit der Atomkraft und Gas als nachhaltig eingestuft wurden. Wir müssen im Klimaschutz entschlossener und geschlossener vorangehen! Dabei sind zwei Dinge besonders wichtig: Wir müssen eng mit anderen Staaten zusammenarbeiten. Zweitens müssen wir unbedingt sicherstellen, dass bei der grünen Transformation niemand abgehängt wird!
Mein drittes Kernthema nenne ich “Das Europa von morgen”. Ich sehe es als Sammelbegriff für einiges, dass ich bereits angesprochen habe. Wir müssen die Europäische Union demokratischer gestalten. Dazu müssen wir dem Parlament mehr Macht und Einfluss einräumen und das Einstimmigkeitsprinzip im Rat überwinden! Weiterhin möchte ich die Europäische Union zu einer echten Sozialunion weiterentwickeln. Und auch meine Vision der “Vereinigten Staaten von Europa”, die ich bereits genannt habe gehört für mich zum Überbegriff “das Europa von morgen”.
KONTRA: Wie könnten wir dich als Jusos und als Landesverband unterstützen?
Davis Riedel: Geht raus auf die Straßen, an die Infostände, an die Haustüren und geht auf die sozialen Medien, um ein Gehör für Europa und unsere sozialdemokratischen Werte zu schaffen. Das ist eine große Unterstützung, die ihr nicht nur für mich und unsere anderen Kandidierenden leisten könnt, sondern auch für die europäische Idee.
Mit der Reichweite, die unser Verband in der Öffentlichkeit erreicht, mit struktureller Unterstützung, mit tollen Aktionen und Veranstaltungen, die zum Mitmachen einladen. Der Wahlkampf, in den Kommunen wie in Europa, wird anstrengend, aber sicherlich auch viel Spaß machen und lohnend sein!