Juso-Kommunalos: Julia Söhne
Julia Söhne (30) ist einigen ein Begriff, da sie bei der Bundestagswahl 2021 in Freiburg als Direktkandidatin für die SPD angetreten ist. Dabei konnte sie 27% der Erststimmen erzielen. Julia ist seit 2014 Gemeinderätin in Freiburg, seit 5 Jahren ist sie Fraktionsvorsitzende. Sie ist Mitglied im Hauptausschuss, Bauausschuss, Umwelt- und Klimaausschuss und Kinder- und Jugendhilfeausschuss sowie im Stiftungsrat, dem Aufsichtsrat der badenova, der Freiburger Stadtbau und der Stadtwerke Freiburg.
KONTRA: Wie bist du in die Politik gekommen?
Julia Söhne: Meine Freundinnen und ich haben uns aufgeregt, dass es in Freiburg keine Nachtbusse gab. Dafür wollte ich mich einsetzten, deshalb habe ich nach politischen Organisationen gesucht. Dadurch bin ich bei den Jusos gelandet und ich musste feststellen, dass mich auch auf anderen politischen Ebene Dinge nerven, die ich verändern wollte. In Freiburg wurden die Nachtbusse so circa 3 bis 4 Jahre später übrigens umgesetzt.
KONTRA: Wie bist du in den Gemeinderat gekommen?
Julia Söhne: Ich wurde 2019 von den Jusos als Spitzenkandidatin aufgestellt und habe auf der SPD-Liste den 3. Platz erhalten und wurde dann direkt gewählt. Nun bin ich seit 9 Jahren im Stadtrat und seit 4 Jahren Fraktionsvorsitzende.
KONTRA: Was sind deine Lieblingsthemen in der Kommunalpolitik?
Julia Söhne: Meine Lieblingsthemen in der Kommunalpolitik sind hauptsächlich Bauen und Wohnen. Der Effekt unserer politischen Arbeit ist hier besonders sichtbar. Beispielsweise können durch Quoten bei dem Sozialen Wohnungsbau die Baugebiete verändert werden. Ebenso ist die Stadtentwicklung spannend. Wir planen gerade zum Beispiel einen neuen Stadtteil, der hoffentlich bald dann auch sichtbar wird. Aber auch die Themen im Kinder- und Jugendhilfeausschuss interessieren mich sehr, dabei sind die Kindergärten ein drängendes Thema in der Kommunalpolitik und damit die Stärkung von Kindern und Familien in unserer Stadt. In Freiburg fehlen viele Kitaplätze. Die Landesregierung muss viel mehr Gelder zur Verfügung stellen, damit wir die KiTa-Plätze künftig gebührenfrei anbieten können. Dass das Land Baden-Württemberg einen finanzieller Überschuss generiert hat und die Kommunen im Stich lässt ist ein Skandal und geht zu Lasten der Kinder in unserem Land.
KONTRA: Wie war dein Wahlkampf? – Was war gut, was war schlecht?
Julia Söhne: Wir waren ein sehr gutes junges Team. Dieses bestand aus Jusos, dabei haben einige auch kandidiert, und in unserem Team waren Nichtmitglieder, die natürlich auch als starke Multiplikatoren fungiert haben. Von den Jusos Freiburg wurde ich damals als „Juso-Spitzenkandidatin“ gewählt, der Juso-Kreisverband hat mich also für die SPD-Gemeinderatsliste besonders empfohlen. Dadurch konnten wir medial Aufmerksam generieren. Kommunalpolitik ist vordergründig eine Personenwahl. Es ist deshalb wichtig, dass der Fokus auf einzelnen Personen liegt. Zu unseren Aktionen zählten unter anderem: Kneipentouren, die Verteilung von Flyern bei Festen und Schwimmbädern. Wir haben einen Wahlkampf für unsere Zielgruppe – junge Menschen – gemacht, dabei setzten wir besonders auf Social Media.
Die klassischen Wahlkampfaktionen haben hingegen nicht so viel gebracht. Wir haben uns da unter Druck setzen lassen, weil von vielen gesagt wurde, dass wir solche traditionellen Aktionen machen müssen. Infostände in Freiburg und Flyer bringen kaum ein Erfolg. In Freiburg sind viele Tourist*innen, dadurch ist das Nutzen eines Infostandes gering. Ebenso gibt es viele Listen die kandidieren für den Stadtrat, dadurch werden die Menschen in Freiburg mit Plakaten und Flyern überflutet. Der persönliche Kontakt ist ganz arg wichtig.
KONTRA: Was konntest du im Gemeinderat bewirken?
Julia Söhne: Mein größter Erfolg ist der Beschluss, dass alle Baugrundstücke eine Quote von 50% sozialer Wohnungsbau erfüllen müssen. Dieser Beschluss ist im Stadtrat mit nur einer Stimme Mehrheit beschlossen worden. Die Debatte über dieses Thema war äußerst spannend. Außerdem verkaufen wir in Freiburg keine Grundstücke mehr als Stadt, was auch eine lange Forderung von uns war.
KONTRA: Was für Tipps kannst du anderen Juso-Kandidierenden mitgeben?
Julia Söhne: Mitglied von den Jusos oder der SPD sein reicht nicht aus. Eine Vernetzung in Vereinen, beispielsweise in Sport oder in sozialen Einrichtungen ist essentiell. Da können unabhängig von der Politik-Blase Kontakte geknüpft und ungezwungen über Politik gequatscht werden.
KONTRA: Welche Highlights konntest du im Gemeinderat bisher erleben?
Julia Söhne: Mir persönlich machen die knappen Debatten im Gemeinderat viel Spaß, dass wir nach Mehrheiten suchen und versuchen weitere Gemeinderäte zu überzeugen. Besonders toll ist es dann natürlich, knappe Abstimmungen zu gewinnen. Ich empfinde es als ein Privileg, in so verschiedene Themen rein hören und mitentscheiden zu dürfen. Das geht von der Kita-Eröffnung, über Besuche in der Wohnungslosenhilfe, bis hin zum Spatenstich. Man kann in der Kommunalpolitik viel bewegen.
KONTRA: Was für Tipps kannst du anderen Juso-Gemeinderäten mitgeben?
Julia Söhne: Vor Ort muss mit den Bürger*innen ein Kontakt bestehen und gepflegt werden. Es ist wichtig aus der Rathaus-Bubble herauszugehen. Und wenn man gewählt ist: Die Besetzung der Ausschüsse hat einen großen Einfluss auf die Entscheidungen des Gemeinderates, Jusos sollten in den wichtigsten vertreten sein, darunter zählt bei uns beispielsweise der Bau- und auch der Haupt- und Finanzausschuss.