Hannes und der Bürgermeister – oder – Wie Kommunale Parlamente jungen Menschen dasEngagement kaputt macht.
Feierabend: 16:30 Uhr. Bahn: 16:38 Uhr. Sitzungsbeginn: 17:00 Uhr.
Der Gemeinderat ist die Basis der Demokratie. Das niedrigste Gremium, auf dem Bundesgesetze umgesetzt und unser Deutschland gestaltet wird. Dementsprechend wichtig ist es, dass in diesen Gremien alle Menschen einer Stadt oder Gemeinde vertreten sind. 2024 waren wieder Kommunalwahlen in Baden-Württemberg und viele Jusos haben sich für einen Platz in ihrer Stadt beworben, so auch ich in meiner schönen Kleinstadt, Ebersbach an der Fils. Viele von uns haben es geschafft und bereichern seither jede Debatte mit smarten, jungen Perspektiven. Doch die ehrenamtliche Arbeit in einem politischen Amt läuft natürlich nicht ohne Probleme, sonst wärs ja auch zu schön.
Meine Erfahrungen dabei begannen bereits beim Wahlkampf. Wir hatten tatsächlich parteiübergreifend mehrere Kandidierenden im jungen Alter, der einzige, der es reingeschafft hat, war ich. Wirklich Schade, wenn man bedenkt, dass der Altersabstand von mir zur nächsten Stadträtin über 15 Jahre beträgt. Und das ist wahrscheinlich vergleichsweise noch gut! Wir brauchen starken Support bei der Listenaufstellung und den Mut unserer Altgenoss*innen, auch mal der Juso eine Chance zu geben. Gemeinderäte sind eben nicht gestaltet, um alle Bürger*innen zu repräsentieren. Migrantische Communities, Finta* und junge Menschen sindmeist stark unterrepräsentiert und die Gründe dafür liegt leider auf der Hand:
Der zeitliche Aufwand. Selbst, wenn man nur einmal in der Woche in einem Gremium des Gemeinderates sein muss, ist die richtige Vorbereitung und die Zeit in den Gremien gerade für Arbeiter*innen oder junge Menschen sehr groß. Viele Menschen, die sich gerne engagieren würden, werden von der zusätzlichen Belastung zum oftmals schon anstrengenden Alltag abgeschreckt. Die logische Konsequenz daraus ist meist, dass unsere Kommunalparlamente im Schnitt stark überaltert sind, weil sich viele erst gegen Ende des Arbeitslebens beziehungsweise in der Rente die Zeit nehmen können. Neben dem zeitlichen Aufwand ist aber auch die eigentliche Arbeit im Gemeinderat super frustrierend. Progressive und bereichernde Ideen werden aus Geldgründen oder Desinteresse vernachlässigt, nicht zuletzt, weil viele Kommunen bereits mit den gesetzlichen Pflichtaufgaben alleine gelassen werden und einfach überfordert sind.
Kommt man also als junger Stadtrat mit vielen Ideen in ein Gremium, kann die erste Haushaltsdebatte sehr frustrierend werden. Viele junge Kommunalpolitiker steigen auch deshalb bereits nach einer Amtsperiode wieder aus. Zudem ist man als junger Sozialdemokrat in der Kommunalpolitk, der auch im Internet über seine Arbeit spricht kommt häufig Ziel von Hate aus rechtskonservativen Kreisen. Je nach Stadt kann man sehr einfach herausfinden, wo Stadträt*innen wohnen, das macht vielen Progressiven im
Gremium Angst und schüchtert extrem ein.
Wir sagen immer, dass es mehr stabile, junge Menschen in der Kommunalpolitik braucht. Das stimmt und wir können auf jeden einzelnen Stolz sein, der sich das antut. Es muss sich aber auch einiges Ändern. Planbare Sitzungszeiten, Sicherheit und ein gutes Umfeld sind einige Punkte, die in vielen Gremien noch angegangen werden müssen. Und für uns Jusos heisst das: überregionale Vernetzung von Kommunalpolitiker*innen. Strategien austauschen, Themen gemeinsam angehen. Wir müssen zusammen für unsere Werte in jeder Stadt kämpfen. Der Humor und Spaß dabei darf uns aber niemals verlassen, denn letztendendes sind wir alle nur Hobbypolitiker*innen.
Wir machen die Kommunen Rot. Und das, da bin ich mir sicher, schaffen wir auch weiter.