Volkswagen in der Krise: Ein Konzern auf der Kippe

Veröffentlicht von KONTRA Redaktion am

Die Automobilbranche steht vor einem grundlegenden Wandel, und Volkswagen, Deutschlands größter Automobilhersteller, befindet sich mitten in einer tiefgreifenden Krise. Am 28. Oktober 2024 sorgte die Nachricht, dass drei Volkswagenwerke auf der Kippe stehen und zehntausende Arbeitsplätze bedroht sind, für einen Schock. Auch wenn sich die Krise im Konzern bereits angedeutet hat, erreicht sie nun ein Ausmaß, das zuvor kaum vorstellbar schien. Die Herausforderungen, vor denen Volkswagen steht, sind vielschichtig und offenbaren eine Mischung aus internen Managementfehlern und externem Druck.


Eine Krise von historischem Ausmaß
Noch vor wenigen Wochen lief bei Volkswagen die Beschäftigungsgarantie aus, die seit rund 30 Jahren eine Art Sicherheitsnetz für die Belegschaft bildete. Nun drohen Einsparungen in bisher ungekanntem Umfang: Jeder zwölfte Arbeitsplatz der rund 120.000 Beschäftigten könnte gefährdet sein, Gehaltskürzungen von bis zu zehn Prozent stehen im Raum, und die Gehälter sollen 2025 und 2026 ohne Anpassung bleiben.

Die Nachricht trifft die Belegschaft und Gewerkschaften hart, zumal Volkswagen im Jahr 2023 mit 332,3 Milliarden Euro einen Rekordumsatz verbuchen konnte. Das entspricht einem Umsatzplus von 15,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Warum also in eine solche Krise geraten? Die Antwort liegt in einer Mischung aus fehlender Wachstumsstrategie, verschlafener Transformation und starkem Wettbewerbsdruck.


Wettbewerbsdruck und verschlafene Elektromobilität
Volkswagen sieht sich zunehmend in Bedrängnis durch den aufsteigenden Wettbewerb aus dem Ausland, insbesondere aus China. Der Marktanteil asiatischer Hersteller nimmt stetig zu, und deren preiswerte Elektrofahrzeuge gewinnen an Beliebtheit – sowohl in Europa als auch in Asien. Volkswagen hingegen hat es bislang nicht geschafft, ein kostengünstiges Elektroauto auf den deutschen Markt zu bringen. Das Fehlen eines erschwinglichen Modells bedeutet für den Konzern nicht nur geringere Gewinnmargen, sondern auch den Verlust eines potenziell großen Kundensegments.


Hinzu kommt, dass der Abgas-Skandal von 2015 weiterhin wie ein Schatten über dem Unternehmen liegt. Neben Milliardenstrafen führte dieser zu einem massiven Imageverlust, von dem sich das Unternehmen bis heute nicht vollständig erholt hat. Auch die Softwaretochter Cariad hat sich als Schwachstelle erwiesen. Die verzögerte Markteinführung neuer Modelle aufgrund von Softwareproblemen sorgte für zusätzlichen Druck und führte zu Frustration bei der Kundschaft.


Die Kostenschraube wird angezogen
Während Volkswagen in neue Projekte investiert, leiden die laufenden Produktionslinien unter immer strengeren Kostenvorgaben. Neue Produkte des Konzerns werden häufig so teuer entwickelt, dass Volkswagen kaum in der Lage ist, auf die Rabatte der Konkurrenz zu reagieren, ohne selbst Verluste zu riskieren. Besonders hart getroffen hat den Konzern auch die Streichung der Umweltprämie für Elektroautos, was zu einem merklichen Rückgang der Verkaufszahlen im E-Segment geführt hat.


Dieser Kosten- und Innovationsdruck wird nicht nur bei Volkswagen, sondern in der gesamten Branche spürbar. Besonders betroffen sind auch die Jobs in der Zulieferindustrie, insbesondere im Bereich der Verbrennungsmotoren. Seit 2019 sind in diesem Segment bereits rund 46.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Demgegenüber entstehen zwar neue Stellen im Bereich Elektrotechnik und Kunststoffverarbeitung, doch der Strukturwandel verläuft schleppend und sorgt für Unruhe und Unsicherheit in der Belegschaft.


Milliardenschwere Investitionen in die Zukunft?
Die Zukunft von Volkswagen hängt nun von drastischen Entscheidungen und umfangreichen Investitionen ab. Experten sind sich einig, dass Milliarden in die Entwicklung von Zukunftstechnologien, die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte und die Digitalisierung investiert werden müssten, um den Konzern krisenfest zu machen. Doch angesichts der Kürzungen und Sparmaßnahmen bleibt die Frage offen, ob Volkswagen bereit ist, diese Investitionen langfristig und strategisch umzusetzen.


Die Krise bei Volkswagen zeigt eindrucksvoll, wie gravierend sich Fehler in der Unternehmensstrategie und Managementversäumnisse langfristig auswirken können. Die Automobilbranche befindet sich im Umbruch, und Unternehmen wie Volkswagen stehen vor der schwierigen Aufgabe, sich anzupassen oder zu riskieren, im Wettbewerb den Anschluss zu verlieren.

Geschrieben wurde der Artikel von unserer Redakteurin Nathalie Ziwey (KV Ludwigsburg).

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