Weg mit § 218 – Weil Selbstbestimmung kein Verbrechen ist!
„We control your bodies. It’s your body, my choice.“
Das postete Nick Fuentes nach dem Wahlsieg Trumps in den sozialen Medien. Es ist ein Satz, der Angst macht: Die direkte Ansprache, die Drohung und natürlich das, was implizit mit „your body, my choice“ mitschwingt: die patriarchale Gewalt. Es ging den MAGA-Republikaner*innen nie um den Schutz des ungeborenen Lebens, es ging immer um Kontrolle. Die Debatte um reproduktive Selbstbestimmung ist kein amerikanisches Phänomen und auch die Schärfe der US-amerikanischen Debatte ist Deutschland nicht fremd.
Exkurs § 218 des Strafgesetzbuches:
(1) Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Handlungen, deren Wirkung vor Abschluß der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter eintritt, gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch im Sinne dieses Gesetzes.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1. gegen den Willen der Schwangeren handelt oder
2. leichtfertig die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung der Schwangeren verursacht.
(3) Begeht die Schwangere die Tat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(4) Der Versuch ist strafbar. Die Schwangere wird nicht wegen Versuchs bestraft.
Seit 1871 regelt § 218 des Strafgesetzbuches den Schwangerschaftsabbruch in Deutschland – und kriminalisiert ihn bis heute. Seit 150 Jahren wird Frauen und schwangeren Personen damit das grundsätzliche Recht abgesprochen, über ihren eigenen Körper zu entscheiden. Obwohl Schwangerschaftsabbrüche unter bestimmten Bedingungen straffrei bleiben, gilt der Eingriff nach wie vor als rechtswidrig. Die aktuelle Gesetzeslage zwingt Schwangere zu einer Pflichtberatung und schreibt eine dreitägige Wartefrist vor. Die Kosten für den Abbruch übernimmt in einer Mehrheit der Fälle nicht die Krankenkasse.
Auf der anderen Rheinseite sieht es ganz anders aus: Frankreich hat das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche in der Verfassung verankert. Hier werden die Kosten außerdem vollständig von den Krankenversicherungen getragen. Das ist nicht nur ein symbolischer Schritt, es ist ein notwendiger Schritt. Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung ist so grundlegend, dass es nicht mit einer absoluten Mehrheit außer Kraft gesetzt werden können darf.
Die Kriminalisierung und damit einhergehende Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland führen auch zu einer massiven Versorgungslücke. Im Medizinstudium kommen Schwangerschaftsabbrüche zu kurz, wenn sie es überhaupt ins Curriculum schaffen. Der maximale Praxisbezug: Student*innen dürfen Kerne aus einer Papaya saugen. Ärzt*innen dürfen seit der Abschaffung von §219a zwar wieder über Schwangerschaftsabbrüche informieren, viele Ärzt*innen tun es aber aufgrund des Stigmas nicht. Sie sagen, man müsse sich als Ärzt*in ganz bewusst dafür entscheiden, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen und mögliche Konsequenzen in Kauf nehmen: Man habe Angst vor der Gehwegbelästigung auf Kosten aller Patient*innen. Der erschwerte Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen, sei es durch Stigma oder lange Anfahrtswege, führt aber eben nicht dazu, dass die Zahl an tatsächlich durchgeführten Abtreibungen sinkt. Was tatsächlich hilft zeigt ein Blick nach Schweden oder in die Niederlande: Gute Sozialpolitik, die ungeplant Schwangere auffängt und ein einfacher Zugang zu Verhütungsmitteln.
Niemand trifft die Entscheidung für eine Abtreibung leichtfertig – weder Ärzt*innen noch Schwangere. Es ist kein unüberlegt durchgeführter Eingriff und es gibt, anders als Konservative und Rechte immer wieder behaupten, keine „Abtreibungskultur“. Die Entscheidung für oder gegen eine Abtreibung ist eine persönliche Entscheidung. Die deutsche Regelung zwingt ungewollt Schwangere immer noch dazu, sich vor dem Staat zu rechtfertigen – als wäre eine selbstbestimmte Entscheidung über den eigenen Körper eine, die man nicht allein treffen kann.
Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen findet ihr hier: